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How to cook your life – Eisenbuch, 29. Juni – 02. Juli 2017

Donnerstag, 29. Juni 2017, 16:10 Uhr
im Garten, eine Stunde nach meiner Ankunft

Der erste Tag hier ist immer seltsam. Ab 14 Uhr erlaubt das Kloster die Anreise und die Leute trudeln zu unterschiedlichen Zeiten ein. Um 18 Uhr geht es mit dem Abendessen offiziell los. Ich bin gerne früh da, weil ich in Ruhe ankommen möchte. Das Bett beziehen, den Koffer auspacken, „Home away from Home“. Alles fühlt sich irgendwie fremd an und man puzzelt sich erst mal zurecht.

Sitzen im Zen-Garten. Es riecht mächtig nach Landluft, Handyempfang wie immer gleich Null, ich finde auch keine einzige Stelle im Haus, wo es besser funktioniert. Macht nichts, so wollte ich es ja. Ich hätte trotzdem gerne noch einen Gruß nach Hause geschickt: „Bin gut angekommen, vermisse euch schon.“

Mal wieder fühle ich in mir die Skepsis wachsen, ob es richtig war, hierher zu fahren. Werde ich vier Tage zurecht kommen? Halte ich das aus? Werde ich mich mit den Leuten anfreunden können? Überhaupt: Was werden das für Leute sein? Wird die Zeit wirklich innerlich wieder so bereichernd sein, wie ich es in Erinnerung habe – oder habe ich das alles nur irgendwie mächtig verklärt?

Das Seminarhaus liegt ganz still, im Garten ist nur das Rascheln der Bäume zu hören und das Brummen des Gülle-Traktors auf dem benachbarten Feld. Sonst Ruhe. Irgendwann, ich weiß, kann ich diese Ruhe auch annehmen, aber soweit ist es noch nicht.

Jetzt genieße ich einfach die letzten Sonnenstrahlen – die Aussichten für die kommenden Tage sind nicht mehr so gut. Es ist ein schönes Gefühl, Zeit zu haben.

17:40 in meinem Zimmer

Die Ruhe hier ist so penetrant, dass man gar nicht anders kann, als selber zur Ruhe zu kommen. Diese rigorose Entschleunigung im wahrsten Sine des Wortes verblüfft mich immer wieder. Wie ist das innerhalb so kurzer Zeit möglich? Ich fühle mich wie aus der Welt katapultiert und im Moment scheint es unvorstellbar, dass es sie irgendwo hinter diesen sanften Wissen, dem heute wirklich penetranten Geruch nach Kuhmist und diesem unbeschreiblichen Idylle noch die Welt existiert, die ich heute morgen verlassen habe. Vielleicht doch alles nur in meinem Kopf?

Am Abend

Das immergleiche Kennenlernen. Ed fragt: „Welches war dein Lieblingsgericht in deiner Kindheit?“ und wir machen die Runde und stellen uns vor. Erstaunlich, dass ich mich nie daran erinnern kann, was ich beim letzten Mal gesagt habe, aber ich glaube es ist immer dasselbe: Die französische Zwiebelsuppe meiner Mutter, ich habe sie so geliebt (und nie so gut nachkochen können). Diesmal bin ich nicht allein mit der Zwiebelsuppe, obwohl ich immer dachte, das sei ein ziemlich exotisches Lieblingsessen für ein Kind… Apfelstrudel wird auch genannt, das hätte ich auch aufzählen können… So banal das ist, aber wir kommen uns tatsächlich schon näher durch diese Runde, ein erstes Erkennen im anderen, ein Erstaunen oder auch das herzliche Lachen über eine lustig erzählte Geschichte oder eine exotische Vorliebe. Ich freue mich, dass Michael immer noch kommt und auch Susanne wiederzusehen und sie so erfüllt zu erleben, freut mich sehr.

Es gibt so unendlich viele Regeln, dass man sich automatisch ganz langsam bewegt, um keine davon zu verpassen. Immer wieder schaue ich auf den Zeitplan und genieße sehr, dass für mich gesorgt ist – ich brauche mich nur einzufügen, sonst nichts. Immer wieder bin ich froh, in meinem Zimmerchen einen Rückzugsort zu finde.

Die Meditation ist eine echte Herausforderung für mich, ich habe so lange nicht mehr gesessen. Eds Aufforderung, eine Erfahrung zu machen, statt meinem Körper zu sagen, was er zu tun hat, macht mich nachdenklich – und dankbar.

Freitag, 30. Juni 2017, 8:15 Uhr
nach Qui Gong (6:00), Meditation und Frühstück

Ich sitze in meinem Zimmer mit einer Tasse Kaffee und schreibe an meiner Abschlussarbeit für die Ernährungsberater-Ausbildung. Die Meditation (30 Min) war auch heute Morgen eine echte Herausforderung. Wenngleich weniger anstrengend als gedacht, spürte ich aber doch meine Müdigkeit arg. Der Hafeflockenbrei zum Frühstück ist himmlisch. So einfach und so gut. Ich wünschte mir würde er zu Hause so gut gelingen, ich habe es so oft probiert, aber irgendwie schmeckt er nur hier so…

Am Nachmittag

In den Pausen während des Kochkurses komme ich hervorragend mit meiner Abschlussarbeit voran und ich merke wie unglaublich gut ich mich hier konzentrieren und fokussieren kann.

Meinen Plan, hier nicht mit der Arbeit weiterzumachen habe ich aufgegeben zugunsten des guten Gefühls für eine realistische Chance, den Abgabetermin einhalten zu können. Das ist ein bisschen schade, weil mir eine Menge Erholung entgeht, andererseits möchte ich die Arbeit nicht im Kreuz haben, wenn wir am Mittwoch in den Urlaub fahren, das wäre noch schlimmer. Nach den Anstrengungen der letzten Wochen ist es auch irgendwie erleichternd und wohltuend zu spüren, dass ich in Ruhe arbeiten kann und es macht mir nichts aus. I have a choice – and I chose.

Susanne hat des WLA der Klosters aktiviert und auf der Bank vorm Büro haben wir sogar Empfang. Ich kann mit meiner Klientin kommunizieren und die nötigen Rückfragen stellen, das erleichtert mir die Arbeit sehr.

Ich bin immer wieder erstaunt, wie die Gruppe langsam zusamenwächst, sich findet.
Erste Sympathien werden deutlich und es finden einzelne – auch sehr intensive, berührende – Gespräche statt. Was für unglaublich nette und interessante Menschen sich hier einfinden, ich bin jedesmal so beglückt darüber. Jeder für sich, den man anspricht, oder von dem man angesprochen wird ist neugierig offen, friedfertig.

Zum dritten Mal erlebe ich, wie sich das entfaltet, wie Menschen sich hier ganz anders begegnen als „draußen“, denn wir wissen alle, dass von unserem Miteinander für jeden einzelnen auch die Erfahrung des gesamten Aufenthaltes hier abhängt. Und so begegnen wir uns: respektvoll und mit dem Wissen, dass wir alle daran interessiert sind, hier eine gute Erfahrung zumachen.

Allerdings macht Ed diesmal auch schon im Vorfeld sehr deutlich, dass er während des Kochkurses nicht durch Privatgespräche gestört werden möchte und so ist es vormittags sehr ruhig, was ich als angenehm empfinde. Da ich Programm und Menü (bis auf wenige Abweichungen) kenne, halte ich mich zurück und genieße es zuzuschauen. Ich helfe, wenn es mir sinnvoll erscheint und merke, dass es trotzdem nicht immer willkommen ist.

Freitag, 21:15 Uhr

Die Meditaion ist – ich bin erstaunt – sowohl am Morgen als auch in den beiden Abendmeditationen schon sehr viel tiefer und ruhiger als gestern Abend. Ich bin hier angekommen und es ist – Gott sei Dank – schon vieles von mit abgefallen. Die Schmerzen im Nacken haben mich losgelassen, die mich wochenlang fest im Griff hatten und auch die Schultern sind leichter geworden. Es gelingt, auch die Sorgen um Seni ein bisschen loszulassen. Sie ist bei Boris in guten Händen und ich kann dringend eine Pause von meiner tiefen Angst, der Unsicherheit und des Grübelns gebrauchen.

Ich genieße sehr, dass hier für mich gesorgt ist und ich mich um nichts selber kümmern muss – ich brauche mich nur an den Tisch zu setzen. Ich könnte Berge essen…

Eds Abendvortrag ist so ergreifend, dass ich die Tränen einfach laufen lasse und so dankbar bin, dass mich jemand mit seinen Worten so tief berührt. Er verspricht, nach dem Kurs die Ton-Aufzeichnung von den Vorträgen zu schicken und ich hoffe er tut es wirklich, denn irgendwann bin ich so absorbiert, dass ich mir keinen Notizen mehr machen kann sondern einfach nickenden und weinend, lachend oder kopfschüttelnd sitze und staune.

Und einfach nur dankbar bin. Auch für die anschließende Geh-Meditation die ich so gerne beibehalten würde, was mir nie gelingt. „Inhale – one step forward, exhale – shift your weight.“ Was würden wohl die Nachbarn sagen, wenn ich das zu Hause im Garten versuche? Und schon ist sie wieder da die horizontale Welt…

Schön, so früh schlafen zu gehen – und früh aufzuwachen. Die Vorhänge am Fenster schließe ich nicht, ich machen kein Licht und beobachte, wie der Tag sich immer mehr entzieht. Wenn Michael uns morgen um 5:30 mit der großen Glocke weckt, wird es schon wieder hell sein.

Ich spüre eine tiefe Dankbarkeit – kein aufgeregtes Glücksgefühl, sondern wirklich eine tiefe, satte Dankbarkeit. Und ich bete, dass dieser Weckruf hier mich endlich wieder mehr Spiritualität in meinen Alltag integrieren lässt. Mich nährt das und ich spüre wie sehr etwas tief in meinem Innern das vermisst.

Samstag 01. Juli 2017

5:30 Uhr Wecken, 6:00 Chi Gong, 6:45 Meditation, 7:30 Frühstück.
Jetzt habe ich eine Stunde Zeit um an meinem kleinen „Schreibtisch“ im Zimmer zu sitzen, Kaffee zu trinken, Schokolade zu essen und an meiner Abschlussarbeit zu schreiben. Heute ist es kalt in meinem Zimmer und ich habe auch beim Chi Gong gefroren. Hoffentlich kommt die Sonne wieder.

Gestern war das morgendliche Arbeiten schöner. Der Kaffee schmeckte so gut und die Sonne schien vor meinem Fenster, ich hatte nicht den Druck im Nacken noch duschen zu müssen, bevor der Kurs beginnt.

Das Thema Erwartung/Planung/Kontrolle kommt immer wieder auf und es ist gut, dass Ed viel darüber spricht. Die Dinge können ganz anders sein, als ich es erwarte, hoffe, fürchte. Wie kann ich flexibel bleiben? Was ist (trotzdem) schön oder vielleicht sogar schöner?

Nach der Abendmeditation brechen merkwürdigerweise einige das Schweigen. Ob das bewusst oder unbewusst geschieht oder nur, weil sie niemand erinnert hat – ich weiß es nicht. Ich genieße die abendliche Stille und begebe mich auf mein Zimmer. Die Unterhaltungen werden ohnehin jetzt immer mehr und immer intensiver und so schön das ist – es strengt auch an.

Die Abendmeditation ist wunderbar und es ist wie Ed sagt: es ist immer eine Überraschung, was kommt, es ist unmöglich das zu planen. Und ja: Es wäre defintiv viel spannender, zu beobachten und neugierig wahrzunehmen, statt das Erlebte ständig mit dem Erwarteten abzugleichen und enttäuscht zu sein. Nicht nur in der Meditation.

Der Abendvortrag, von dem ich mir nach gestern so viel erhofft und versprochen habe, spricht mich heute leider gar nicht so sehr an, während meine Meditation sensationell tief ist und ich sehr berührt davon bin.

In der Nachmittagsmeditation war ich noch sehr erschüttert von meinen ständig springenden Geist, der wie ein Vogel hierhin und dorthin hüpft und ich mich plötzlich in Gedanken wiederfinde, über die ich nur den Kopf schütteln kann. Am Abend experimentiere ich mit einem Mantra und siehe da, wenn ich den Geist beschäftige, dann ist tiefe Ruhe möglich und ich tauche ein in mich. So sieht es bei mir aus? Ich stelle fest: ich war schon lange nicht mehr da. Das bin ich. Das bin ich. Das bin ich.

Website Zen Zentrum Eisenbuch
https://www.eisenbuch.de/zentrum/
Eisenbuch auf Cala kocht
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