Ich habe es wider getan.
Ich war im Juli im Zen-Kloster in Eisenbuch zum Seminar „How to Cook your Life“. Immer wieder finde ich dort wichtige Inspirationen, kann mein Denken fokussieren und meinen Horizont erweitern (siehe hier und hier und hier).
In diesem Jahr habe ich mich darauf konzentriert, nochmal die Grundzüge des Kochens nach TCM zu verstehen. Was ich – unter anderem – aus Eisenbuch mitgebracht habe, ist das Rezeopt für einen wunderbaren Karottensalat, den ich – grade bei den heißen Temperaturen im Moment – häufig zum Frühstück oder zum Mittagessen genieße und das ich gerne mit dir teilen möchte.
Natürlich habe ich das Rezept ein bisschen abgewandet. Ed Brown verwendet Aprikosen, ich nehme Datteln. Außerdem kommen bei ihm Orangen in den Salat, die ich komplett weglasse.
Ed Brown verwendet kein, Öl. Ich mache den Salat mit Leinöl, um mir ein gesundes Plus an Omega-3 Fettsäuren zu sichern. Im Übrigen könnte mir vorstellen, dass der Salat auch mit Koriander (statt Petersilie) gut schmeckt.
Was hat das Rezept aber jetzt mit TCM und Ed Brown zu tun?
Ganz einfach. In der Traditionellen Chinesischen Medizin unterscheidet man 5 Elemente, denen auch 5 Geschmacksrichtugnen und verschiedene Organe zugeordnet werden. Ebenso werden die Lebensmittel den verschiedenen Elementen zugeordnet.
Erde, süß (Milz, Magen): Fleisch, Getreide, Obst, Gemüse wie Kartoffeln und Karotten, Samen, Nüsse usw.
Feuer, bitter (Herz, Dünndarm): Chicorée, Radicchio, Rucola, Endivie, Löwenzahn, Artischocke, grüner Tee usw.
Metall, scharf (Lunge, Dickdarm): Ingwer, Chili, Knoblauch, Koriander, Zimt, Fenchel, Lauch, Zwiebel, Rettich usw.
Holz, sauer (Leber, Gallenblase): milchsauer vergorene Produkte (z.B. Sauerkraut), in Essig Eingelegtes, Zitrusfrüchte und Früchtetees, saure Beeren, Essig, Tomaten usw.
Wasser, salzig (Niere, Blase): Fische, Algen, Meeresfrüchte, Sojasauce, Mineralwasser, Miso usw.
Ziel wäre es (nach der Lehre von Ed Brown), alle 5 Elemente innerhalb eines Gerichtes unterzubringen. In meinem Rezept wären das
süß: Datteln
bitter: Petersilie
scharf: Ingwer
sauer: Zitrone
salzig: Salz
Ed Brown plädiert sehr für ein Kochen ohne Rezept (siehe Buchtipps unten), jedoch nach Intuition und mit dem Wissen um die 5 Elemente im Hintergrund, die praktisch jedes Gericht abrunden. Wenn einem Gericht, das man kocht, etwas fehlt, so sagt er, lohnt es sich, die 5 Geschmacksrichtungen abzuklopfen und festzustellen, welches Element fehlt.
Ed hat aber noch einen zweiten Ansatz, den ich spannend finde. Und zwar kannst du eine Ausgewogenheit im Geschmack auch durch die Verwendung von 3 Komponenten herstellen:
erdige Noten
Stängel/Blätter und
Blüten- oder Fruchtaromen
In meinem Rezept wären das
erdige Noten: Karotten, Ingwer
Stängel/Blätter: Petersilie
Blüten- oder Fruchtaromen: Datteln
Falls du selber mit diesem Aufbau experimentieren möchtest, hier ein Überblick über die Zutaten wie Ed Brown sie uns gelehrt hat:
erdige Noten (süßliche, manchmal (leicht) bittere Aromen):
Kartoffeln, Getreide, Bohnen, Milchprodukte inklusive Butter, Sahne und Käse, Nüsse und Samen, Wurzelgemüse, Eier, Fleisch, Kaffee, Tee, schwarze Schokolade
Stängel/Blätter (blumige, helle Aromen)
Spinat, grüner Salat, Sellerie, Spargel, Mangold brokkoli, Blumenkohl, Kohl, frische grüne Kräuter usw.
Blüten- oder Fruchtaromen (hebende, beschwingte Aromen):
Bananen, Orangen, getrocknete Aprikosen, Erdbeeren Zitrone und so weiter
Wenn du Lust hast, experimentiere doch einmal mit diesen Ideen und schau, welche Kombinationen dir einfallen. Weitere unten in diesem Beitrag findest du noch zwei Buchtipps zum Thema achtsames Kochen.
Nun aber zu meinem Rezept:
Calas Neuinterpretation von Ed Browns Karottensalat
Zutaten (pro Portion als Hauptmahlzeit)
3 mittelgroße Karotten, geschält
2 Datteln
ein etwa 5cm langes, daumendickes Stück Ingwer (geschält)
1 EL Leinöl
1 EL Olivenöl
etwas Zitronensaft
3-4 Esslöffel gehackte Petersilie
etwas Salz
Karotten in der Küchenmaschine fein häckseln oder über eine Reibe reiben.
In eine Schüssel geben und den Ingwer über eine feine Reibe hineinreiben.
Datteln entkernen, hacken und dazugeben.
Mit Leinöl, Olivenöl, Zitronensaft und Salz abschmecken.
Vor dem Servieren mit reichlich Petersilie bestreuen.
Das Kochen ohne Rezept ist ja etwas, was ich auch in meinen eigenen Kochkursen lehre.
Sich auf seinen Geschmack, seine Sinne zu verlassen und eigene Rezepte zu kreieren, ist realtiv einfach, wenn man ein paar Grundlagen – z.B. die oben genannten – kennt.
Literaturtipps
Ed Brown hat 2018 ein wunderbares Buch geschreiben, das auch viele seiner Lehren beinhaltet, die er uns in Eisenbuch geduldig beibringt. Er ist Schüler von Zuzuki Roshi und war der erste Chefkoch im Tassajara Zen Mountain Center. Doris Dörrie hat ihn im Film „How to Cook Your Life“ sehr authentisch portraitiert. Ed Brown kommt einmal im Jahr nach Europa, um hier seine Schüler – und interessierte Laien – zu unterrichten.
Edward Espe Brown
No Recipe – cooking as spiritual practice
Verlag Sounds True Inc (1. Mai 2018)
ISBN 978-1683640547
13,44 €
Wenn du dich generell für das achtsame Kochen und Zen interessiest, wird dir auch das in diesem Jahr erschienene Buch von Malte Härtig und Jule Frommelt sehr gefallen, das mir ein Freund in Eisenbuch empfohlen hat und dessen Lektüre ich gerade sehr genieße.
Ich versuche, Malte Härtig für ein Podcast-Interview zu gewinnen und werde dann das Buch auch noch mal ausführlicher besprechen:
Malte Härtig, Jule Felice Frommelt
Von Zen und Sellerie
Unsere japanische Küche – ein philosophisches Kochbuch
AT-Verlag, 25. März 2019
ISBN 978-3038000525
28,00 €
Bitte unterstütze beim Neukauf von Büchern deinen lokalen Buchhändler…
Liebe Grüße, viel Spaß beim Lesen & Experimentieren
und ein schönes Wochenende
Cala
PS: Als Quelle für meine Recherchen habe ich neben meinen Aufzeichnungen und den Seminarmaterialien u.a. auch diese Website genutzt: https://neuensausderkueche.com/fit-essen/geschmaecker/