Eigentlich bin ich überhaupt kein Fan vom „Küchenbullen“. Ich kann dieses Jamie-Oliver-mäßig, kumpelhaft-männliche Gehabe überhaupt nicht leiden.
Allerdings gehören Meinungen revidiert, wenn sie sich als überholt erweisen. In einem Podcast habe ich ein Interview mit Tim Mälzer gehört und fand ihn dort nicht nur sehr sympathisch, sondern auch sein neues Kochbuch und dessen Entstehung sehr spannend. In den letzten Wochen habe ich es endlich genauer unter die Lupe nehmen können, viel darin gestöbert und einige Rezepte ausprobiert.
Tatsächlich lohnt es sich sehr, das Buch ausführlich zu lesen – es ist eine Fundgrube für klassische Rezepte und ungewöhnliche Kombinationen. Es strotzt vor Ideen und guten Tipps und kommt dabei vollkommen ohne Fleisch aus. Viele Rezepte sind sogar vegan.
Wer aus gesundheitlichen Gründen keine Eiweiße mischen möchte, kann die meisten Rezepte wunderbar abwandeln. Und auch wer auf tierische Produkte ganz verzichten will, findet hier viele Anregungen.
Was mir sehr gut gefällt, ist, dass es viele Schritt-für-Schritt-Anleitungen gibt, z.B. für die Verarbeitung von Artischocken oder wie man Sommerrollen aus Reispapier wickelt.
Was mir nicht gefällt, ist die Tatsache, dass Tim Mälzer nicht immer konsequent ist und z.B. Hülsenfrüchte stets aus der Dose verwendet – leider erklärt er auch nirgendwo, wie man sie selber kocht. Dabei ist das ja nicht nur ein ganz anderes Geschmackserlebnis, sondern auch wirklich sehr einfach. Das folgende Rezept habe ich deshalb selbstveständlich mit frisch gekochten Kichererbsen gemacht:
Gebratene Kichererbsen mit Sauerkraut (vegan)
Bei Tim Mälzer bilden gebratenes Sauerkraut und Kichererbsen die Einlage für eine Kichererbsen-Suppe (S. 43) Mich hat zunächst erst einmal die Zusammenstellung an sich interessiert. Sauerkraut mit Kichererbsen zu kombinieren fand ich spannend und siehe da: das schmeckt auch klasse! Koriander allein war mir allerdings für die Würze ein bisschen zu fad und ich habe zusätzlich Kreuzkümmel benutzt – dabei ist ein tolles Gericht herausgekommen, das es sicherlich öfter bei mir geben wird.
Zutaten
Kichererbsen (ich rechne pro Portion ca. 65g Trockengewicht)
Sauerkraut (pro Portion etw 100g)
Olivenöl
Koriandersaat (frisch gemahlen)
Kreuzkümmel (frisch gemahlen)
Salz
Kichererbsten über Nacht (12 Stunden) einweichen. Das Einweichwasser abschütten und die Kichererbsen gründlich abspülen. In einem Topf mit ausreichend Wasser (ohne Salz) aufkochen, dann Hitze auf ein Minimum reduzieren und 1 Stunde köcheln, bis die Kichererbsen weich sind. Durch ein Sieb abschütten, nochmal abspülen. Olivenöl in einer Pfanne erhitzen. Sauerkraut und Kichererbsen hineingeben und unter Rühren kräftig anbraten. Dabei mit Koriander, Kreuzkümmel und Salz würzen und abschmecken.
Tipp: Auch sehr lecker ist die Kombination mit Apfel. Nach dem Anbraten einen kleinen Apfel in Würfel schneiden und mit in die Pfanne geben. Mit aufgesetztem Deckel schön schmoren lasssen, bis der Apfel ganz weich ist – schmeckt toll!
Tim Mälzers Rote-Beete-Pürree wollte ich eigentlich 1:1 nachkochen. Aus irgendeinem Grund fehlte dann das Ei und ich habe mich kurzerhand entschlossen, statt dessen Nüsse als Eiweiß zu verwenden. In Kombination mit der Kresse ergab sich ein traumhaft leckeres Gericht (was aber nicht heißt, dass ich Mälzers Version mit dem pochieren Ei nicht auch noch ausprobieren werde…):
Ich benutze übrigens grundsätzlich keine vorgekochten Rote Beete – im Ofen kann man sie mit Schale ganz unspektakulär und ohne jedne Aufwand selber garen: einfach in einer feuerfesten Form für ca. 45 Minuten (wer die Beeten weicher mag, gart sie länger) bei 180° garen. Danach lässt sich die Schale leicht mit einem Messer abziehen (wer rote Finger vermeiden will, muss Handschuhe tragen…).
Calas Interpretation von Tim Mälzers Rote-Beete-Püree
Rote Beete wie oben beschrieben im Ofen garen. Schale abziehen, etwas abkühlen lassen, dann mit Salz und etwas Olivenöl fein pürieren. Mandeln und Sonneblumenkerne hacken, und in einer unbeschichteten Pfanne anrösten, bis sie zu duften beginnen und bräunen. Kresse waschen und mit etwas Salz, Olivenöl, einem Schuss Apfelessig, den gerösteten Nüssen und geriebenem Meerrettich abschmecken. Über dem Rote-Beete-Püree verteilen und mit geriebenem Meerrettich und etwas Kresse anrichten.
Tipps: Wer möchte, kann noch etwas Nussöl (Walnuss- oder Mandelöl) zum Rote-Beete-Püree geben. Die „Kresse-Nuss-Vinaigrette“ schmeckt auch hervorragend zu Spargel – ich lasse dann allerdings den Meerettich weg.
Kichererbsen-Fenchel-Salat mit (getrockneten) Aprikosen (und) ohne Orangen
Auch dieses Rezept von Tim Mälzer (S. 142) habe ich wieder so abgewandelt, dass es für mich passt. Im Original verwendet er frische Aprikosen (die gibt es noch nicht) und Orangen (2 Obstsorten wollte ich nicht mischen). Außerdem wird die Sauce mit Honig abgeschmeckt. Statt Zitronensaft habe ich Zitronenschale genommen und um die Säure der Zitrusfrüchte zu ersetzen, habe ich Verjus verwendet. Statt Senf benutze ich Senföl. Die Chiliflocken, mit der der Salat im Original bestreut wird, habe ich auch weggelassen (wofür es aber keinen zwingenden Grund gibt). Und natürlich habe ich keine Kichererbsen aus der Dose genommen – meine sind frisch gekocht (das kann man auch prima einen Tag vorher machen).
Hier also meine Variation:
pro Portion
ca. 65 g Kichererbsen (Trockengewicht)
eine Fenchelknolle und eine kleine rote Zwiebel (insgesamt ca. 120 g Gemüse)
4 kleine getrocknete Aprikosen
etwas glatte Petersilie
Schale von einer halben Biozitrone
½ bis 1 Teelöffel Senföl
2-3 Esslöffel Olivenöl
1-2 Esslöffel Verjus
bestes Meersalz (ich habe die Maldon Sea-Salt-Flakes verwendet)
Pfeffer (ich habe Tellicherry benutzt, könnte mir aber auch Tasmanischen Bergpfeffer sehr gut vorstellen)
Kichererbsen über Nacht (12 h) einweichen. Einweichwasser abgießen, Kichererbsen kurz spülen, dann in frischem Wasser ohne Salz aufkochen. Auf kleinste Stufe zurückschalten und 1 Stunde köcheln lassen, bis die Kichererbsen weich, aber noch bissfest sind.
Fenchelknolle und Zwiebeln putzen, Fenchel waschen, dann beides in hauchdünne Scheiben schneiden. Aprikosen, Olivenöl, Zitronenschale, Senföl, fein pürieren und mit Salz und Pfeffer abschmecken. Die Vinaigrette und Kichererbsen gut mit Fenchel und Zwiebeln mischen. Mit Salz, Pfeffer und Olivenöl abschmecken.
Ich war erstaunt, wie ungeheuer lecker diese Kombination ist – such diese Kombination wird es bei mir sicherlich jetzt öfter geben. Ich werde das Rezept allerdings unbedingt auch noch einmal probieren, indem ich die Aprikosen weglassen und stattdessen Orangen benutze, denn ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass die Fruchtsäure der Orangen hervorragend zu den Kichererbsen passt.
Alles in allem ist Tim Mälzers „Greenbox“ ein toller Fundus an Ideen. Ich hätte noch sehr viel mehr Rezepte vorstellen können, denn es gibt vieles was mich anspricht – z.B. die „Avocado mit Grapefruitkaramell und Frischkäse (S.56) oder die „Pasta mir geraspelter Fenchel-Tomaten-Sauce“ (S.149). Außerdem wird Grundlegendes sehr anschaulich erklärt und viele Ideen sind tatsächlich sehr bereichernd – in diesem Buch werde ich sicher noch öfter stöbern.
Tim Mälzer, Greenbox
Mosaik-Verlag, erschienen im Oktober 2012
19,99 €
2 Kommentare