Gestern waren wir in einem sehr ambitionierten kleinen Lokal in Montelpulciano, das von einem jungen Pärchen geführt wird – sie kocht, er bedient und verköstigt Weine und Olivenöl. „A Gambe di Gatto“ liegt in der Altstadt von Moltepulciano und war an diesem Sonntagabend erstaunlich leer, worüber wir glücklich waren, denn wir hatten gehört, dass unter der Woche ein reger Betrieb herrscht und man zum Essen sehr viel Zeit mitbringen muss. Das Angebot ist eine Kombination aus landestypischen bzw. regionalen Gerichten und verschiedenen kulinarischen Raffinessen. Gekocht wird ausschließlich mit biologischen Produkten und wer hier gegessen hat, weiß hinterher auch, was ein wirklich guter Balsamico kostet: zwischen 60 und 160 € muss man – je nach Dauer der Reifung – investieren. Außerdem lernt man im Gambo e Gatto ein paar von den mehr als 200 verschiedenen Olivenölen Italiens kennen. Die geschmacklichen Unterschiede sind interessant und die Erklärungen des Hausherrn dazu auch – stets bietet er eine Auswahl aus 3-4 Weinen zu einem Gang an und verköstigt sie alle, bevor man sich festlegen muss: eine gute Möglichkeit die Weine der Region entspannt kennen zu lernen.
Was das Essen betrifft, waren wir unter anderem von der Vorspeise begeistert – einer Kombination aus Schafskäse mit frittierten roten Peperoni. Der Käse stammt netterweise von „Il Casale“, einem Bio-Schafzüchter in der Nähe von Pienza, was uns freut, weil bei wir dort heute unseren letzten Abend verbringen, Käse kaufen und auch essen werden.
Doch zurück zum Gambo di Gatto. Im Zwischengang haben wir Pasta – einmal die „Pici“, die Nudeln, die überall in der Toskana gegessen werden, mit einer herrlichen würzigen Soße aus einer regional typischen Wurst. Ich probiere Linguine mit einer vom Haus besonders empfohlenen Kapernsorte und Staudensellerie – denn nach Rezepten mit Staudensellerie werde ich immer wieder gefragt und freue mich, neue Ideen aufzugreifen. Von den feinen und milden Kapern bin ich so begeistert, dass ich auch davon ein paar Gläser kaufe, um sie nach Deutschland mitzubringen. Ich brauche sie nicht nur für Nudelgerichte, sondern auch für den Reis- bzw. Gemüsesalat nach Karins Rezept, von dem ich schon berichtet habe.
Im Hauptgang gibt es für mich Schweineleber, die – gekocht in verschiedenen Kräutern – hervorragend zubereitet war, für mich aber aber eine Ausnahme bleibt, weil ich generell ja versuche, so wenig Fleisch wie möglich zu konsumieren. Ich denke also gar nicht darüber nach, solche Gerichte nachzukochen. Ich merke übrigens auch, dass mir – umso gesünder ich lebe – fleischlastige und üppige Mahlzeiten immer mehr zusetzen und ich nach einem solchen Abend (vor allem in Kombination mit Alkohol) sehr schlecht schlafe, häufig aufwache und mich auch am nächsten Tag noch unwohl fühle. Insofern war in diesem Urlaub für mich auch der Vergleich zwischen Karins sehr leichter Gemüse-Küche und den teils sehr viel üppigeren Restaurant-Besuchen lehrreich: Genuss hat für mich immer mehr auch mit der Frage zu tun, wie ich mich nach einem Essen fühle – der spontane Genuss kann noch so toll sein: wenn ich mich hinterher wie gerädert fühle, ist der Sinn für mich doch fraglich, zumal sich dann automatisch bei mir auch ein schlechtes Gewissen einstellt. Ich finde zwar, dass man sich die Fähigkeit zum spontanen Genießen und Schlemmen unbedingt erhalten sollte, aber ich glaube auch, dass eine gewisse Ausgewogenheit entscheidend ist. Wenn der generelle Verzicht dazu führt, dass aus den Ausnahmen Orgien werden, ist das Konzept sicherlich fraglich…
Obwohl ich ausreichend satt bin und der Sinn mir ganz sicher nicht nach Dessert steht, entscheide ich mich, die angebotenen frischen Erdbeeren (mein Gott sind sonnengereifte Erdbeeren lecker…) mit einen 12 Jahre alten Balsamico zu probieren – ein wunderbares Geschmackserlebnis. Trotzdem entscheide ich mich gegen den Kauf des teueren Balsamicos, da ich in Deutschland eine interessante Quelle habe, wo ich in kleineren Mengen und daher zu günstigeren Preisen kaufen kann (ich werde das in den nächsten Tagen noch mal recherchieren).
Heute Abend schließen wir unseren Urlaub mit einem Kurzbesuch in Pienza ab, wo ich im Geschäft von Karins Freundin nach Stoffen schauen will. Karins Entwürfe haben mich inspiriert, vielleicht doch noch mal in dieser Hinsicht kreativ zu werden. Mal sehen….
Auf dem Rückweg sind wir zum Dinner in Il Casale und werden unsere restlichen Einkäufe tätigen.
Schwer sich vorzustellen, dass wir morgen diesen traumhaften Ort verlassen müssen und tatsächlich die Rückfahrt nach Deutschland antreten… Andererseits freue ich mich darauf, die vielen Inspirationen zu verarbeiten und wieder selber zu kochen – das wird sicherlich spannend …
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