Cala meint
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Von einer Zeitreise, interessanten Erfahrungen und ein paar Abschieden…

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Seit einigen Wochen räumen Boris und ich das Haus meiner Stiefgroßmutter aus, die in ein Pflegeheim umgezogen ist.

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Wie haben wir uns um diesen Affen gestritten, den mein Bruder von meinem Vater geschenkt bekommen hatte. Ich musste betteln, um ihn anrühren zu dürfen. Jetzt saß er viele Jahre lang auf dem Schrank bei meiner Oma – ich habe überall rumgefragt, wer ihm noch eine Chance geben würde und freue mich sehr, dass die kleine Lilli ihn adopiert hat… Die Ledertaschen hat mein Stiefopa (er war Sattler) für meine Oma gemacht – die lange für die langen Stricknadeln, eine kurze für die kurzen Stricknadeln und eine andere für die Rundstricknadeln. So lagen sie auf dem Dachboden, seit vielen Jahren unberührt, inklusive Inhalt… Für sie habe ich noch keine Verwendung gefunden und auch niemanden, der sie haben möchte – sie wegzuschmeißen bringe ich aber nicht übers Herz..

Irgendwie war uns wichtig, dass möglichst viele Dinge noch irgendwo Verwendung finden, und nicht einfach auf dem Müll landen. Kostet Zeit und Mühe, ist aber auch auch eine wichtige, teilweise traurige, manchmal sehr ernüchternde, aber mitunter auch sehr schöne Erfahrung für uns. Es ist erschreckend, wie sich ein ganzes Leben einfach auflöst, wie wenig Wert Gegenstände haben, wenn ihr Besitzer sie nicht mehr mit Bedeutung füllt und wie wertlos dann alles ist. Andererseits ist es schön zu sehen, wenn Menschen sich über etwas wirklich freuen, das sie erstanden oder geschenkt bekommen haben und den Dingen neues Leben einhauchen.

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Seine Weingläser waren der ganze Stolz meines Stiefgroßvaters. Am Jahresende bekam nur derjenige eines, der im ganzen Jahr keine einzige Singstunde verpasst hatte – und mein Großvater ging jede Woche tapfer zu seinem Gesangverein – trotz Kriegsbehinderung und Diabetes – nicht zu fehlen war ihm so wichtig, wie sonst kaum etwas anderes. Die Gläser wurden gesammelt und liebevoll im Wohnzimmerschrank präsentiert – ich glaube, wir haben am Ende 49 gezählt und ich habe mich riesig gefreut, dass ich eine Sammlerin gefunden habe, die sie so liebevoll verpackt hat, dass ich wusste, dort sie sind in guten Händen….

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Einer unserer Dachbodenfunde: ein Puppenwagen aus den 50er Jahren, der seinen Weg über ebay genommen hat… Das schöne Kaffeeservice hat ein lieber Freund von uns bekommen, der sich sehr darüber gefreut hat und der es auch wieder benutzt wird….

Mit der Räumerei haben wir uns nicht nur eine Menge Arbeit angelacht, wir haben uns auch auf eine kleine Zeitreise begeben, denn es kam einiges aus dem Leben meiner Stiefgroßeltern zum Vorschein, das noch mal gewürdigt und besprochen werden wollte.
Ich habe gar kein sehr enges Verhältnis, aber in einer Zeit meines Lebens, haben mich Lina und Willi einmal sehr unterstützt und dafür werde ich immer dankbar sein.

Dies war eine Gelegenheit, etwas zurückzugeben.

Aber es ging nicht nur darum, die Sachen meiner Großeltern aufzulösen.
Ich habe mich auch selber auf eine kleine emotionale Entdeckungsreise begeben, denn auf dem Dachboden standen auch noch ein paar uralte Kartons von mir mit allerlei vergessenen Erinnerungen. Ehrlich gesagt ist das meiste – auch durch das lange Rumliegen – nicht mehr zu gebrauchen, aber es war trotzdem anrührend, die Kartons, Kisten und Schachteln zu öffnen.

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Mit unendlicher Geduld hat meine Mutter alle unsere Kuscheltiere und Puppen bestrickt und benäht – das ist etwas, was ich absolut von ihr geerbt habe: die Fähigkeit, mich in Details zu verlieren und daran Freude zu haben… Den Monchichi bekam ich zu meiner größten Verzückung zu Ostern von meiner Tante Renate, nachdem sich meine Eltern strikt geweigert hatten „für so etwas“ Geld auszugeben – ich war selig und überglücklich und werde mich an dieses Osterfest immer erinnern… Swinnie, das Meerschweichen, fiel bei mir in Ungnade, weil mein Bruder es zu meinem Entsetzen an den Stinkefüßen meines Onkels hatte schnuppern lassen – ich konnte es nie wieder anrühren, ohne daran zu denken….

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Sogar die Namenlosen, die nicht zu unseren Favoriten gehörten und mit denen wir selten spielten, hatten einen festen Platz in unseren Herzen und wir brachten es nicht über uns, uns von ihnen zu trennen – nicht mal von dem wirklich sehr fragwürdigen Räuber mit der Säufernase – er tat uns einfach Leid….

Ein paar Kindheitserinnerungen habe ich natürlich aufgehoben, für die anderen habe ich einen brauchbaren Kompromiss gefunden, habe sie fotografiert und werde mir ein virtuelles Erinnerungsalbum machen….

Mich hat überrascht, wie all die Dinge aus der Vergangenheit die Erinnerung in fast schon plastischer Weise wecken – es erwacht alles wieder zum Leben, regelrecht magisch… Trotzdem kann (und will) ich diese Dinge nicht auf Dauer mit mir herumschleppen, das macht keinen Sinn und blockiert auch…

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Ein Teil der „Kleintierfamilie“, das eines unserer Lieblingsspiele war. Links „Hedi“, das Muttertier, sie trägt den Namen einer Tante, die ich besonders gern mochte. Das Häschen rechts hat immer schon so mürrisch geschaut, ich hatte es trotzdem irgendwie gern. Das Oberhaupt der Familie war mein Eselchen „Bim“, das leider unauffindbar ist.

Sehr gefreut habe ich mich, als vor zwei Wochen die Flüchtlingshilfe da war und ein kleiner Junge freudestrahlend meine ausrangierten Kuscheltiere eingepackt hat. Ich dachte, dass man die nur noch wegwerfen kann, habe aber gelernt, dass solche Sachen gewaschen und gereinigt werden und dass sich die Kinder in den Flüchlingsunterkünften sehr darüber freuen.

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…ein großer alter (leider beschädigter) Frankfurter Topf, eine sehr nette Reiseschreibmaschine, ein paar alte Tische – ein paar Sachen wollen wir noch versuchen zu verkaufen….

Sehr, sehr traurig war ich, dass ich mein Eselchen „Bim“ nicht wiedergefunden habe, an dem mein Herz wirklich sehr hängt. Bei einem meiner vielen Umzüge ist es verloren gegangen und nie wieder aufgetaucht, ich suche es schon seit Jahren.

Meine allerletzte Hoffnung war, dass es in irgendeinem Winkel des Hauses zum Vorschein kommen würde – leider war das aber nicht so…

Das Haus ist jetzt für den Entrümpler bereit, der die letzten Reste Mitte des Monats entsorgen wird.

Wir haben Abschied genommen und für mich war das auch gut und richtig so…

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